zustand NO. 34 I 3-teilig I je 400 x 62 cm©mioq zustand NO. 34 I 3-teilig I je 400 x 62 cm©mioq

portfolio

mioq marion inge otto-quoos arrangiert und inszeniert aktiv ihre Bilder. Ihre Arbeiten „zustand 34" sind Bilder vom Menschen, denn Körperlichkeit ist hier Bild und äußerliche Entsprechung für psychische Traumzustände, während die neutrale Verhüllung das Thema auf kollektive Zusammenhänge ausrichtet.
Lebensgroß, mumienhaft in Stoffbahnen eingeschnürt, maskenhaft gesichtslos und mit dem irritierenden Attribut der Katze, posiert ein unwirkliches schemenhaftes Wesen vor der Kamera und schafft dergestalt eine Art skulpturaler und performativer Kunstfigur, die zeittypische Fragen nach menschlichem Selbstverständnis, nach Verwandlung, Rollenklischee, Traum und Wirklichkeit aufwirft.
mioq fängt genau die Momente transitorischer Übergänge ein, gibt Zustandsberichte über die Transformation des Menschen. Sie begeistert sich für solche bedeutungsvollen Aufnahmen und eine individuelle Ikonografie. Beides spricht auch aus der Arbeit „entwicklung": Ein ausgehöhlter Apfel - kombiniert um vier, in Wasser eingeschweißte Metamorphosestadien -, leuchtet in ausschnitthafter Nahsicht frei aus der Dunkelfolie heraus, macht damit die morbide Schönheit der Natur bildwürdig und liefert in der präzisen Detailzeichnung ein allegorisches Sinnbild für Paradies und Vertreibung, Wachsen und Vergehen.

Jens Martin Neumann, Kunsthistoriker

"das dazwischen ist leben" I Auszug Katalog 3 WEISS I mioq

Anstelle der Farbe tritt das Licht. Hell, pur, klar - so denken wir das Weiß. Wissensschaft, Philosophie und Kunst versuchen, sich dem Charakter dieser (Nicht-)Farbe jeweils auf ihre ganz eigene, spezifische Art und Weise zu nähern.Seit Newton wissen wir, dass physikalisch betrachtet im weißen Licht jede Farbe des Regenbogens enthalten ist. Ohne Hilfsmittel nimmt unser Auge jedoch nichts davon wahr; ohne Filter, ohne Prismen bleibt es das buchstäbliche Nichts, die Leerstelle. Der Blick kann sich darin verlieren, die Gedanken sich vor dieser endlosen Folie frei entwickeln, ohne Richtung, ohne Ablenkung. „Deswegen wirkt auch das Weiß auf unsere Psyche als ein großes Schweigen, welches für uns absolut ist" (Wassily Kandinsky).

...doch unbegrenzter Raum - ob in der realen oder der Gedankenwelt - ist auch die Konfrontation mit dem horror vacui , der Angst vor der Leere. Welche Geschichte wurde hier ausradiert? Wie kann der Leerstand gefüllt werden? Was, wenn das „Schweigen" zu laut wird? Was begegnet uns im weißen Rauschen?

mioq

In der weißen Leere beginnen wir unwillkürlich mit der Suche nach einen Ankerpunkt, nach den Koordinaten zur eigenen Verortung. Sind diese gefunden, tritt das Weiß selbst plötzlich zurück und verliert scheinbar seinen Eigenwert. Es wird zum unsichtbaren Passepartout, vor dem sich nun alles deutlich abzeichnen kann und einzelne Elemente hervortreten. Kühles Blau und leuchtendes Rot werden statt seiner zu Protagonisten und ziehen den Blick auf sich. Durch Schatten und Schlieren formen sich Konturen, Strukturen bilden sich heraus, Objekte werden identifiziert, das Weiß durchtrennt.Umgekehrt suchen wir im vollständigen Dunkel unwillkürlich nach dem Licht, in der Hoffnung, die Geister in den Schatten weiter zurückzudrängen. In kurze Sequenzen, getrennt durch einen Lidschlag setzt das Weiß scharf und gleißend ein und erhellt partiell die Nacht - doch diese hellen Inseln verdeutlichen nur die Finsternis um uns herum.

mioq

uebergang©mioq I fotografie+ I alu-dbond

Der Zustand, den wir gemeinhin als ‚Abwesenheit von Farbe‘, also defizitär definieren, ist dennoch aufgeladen mit Bedeutung. Rein, steril, unschuldig - selbst die Charakterisierung erfolgt durch die Kennzeichnung des Fehlens eines (meist negativ konnotierten) Elements. Ohne Schuld, ohne Flecken, ohne Makel bildet das Weiß mit seiner Antipode Schwarz den schlichtesten und gleichsam deutlichsten aller Kontraste. Tag und Nacht, Leben und Tod, gut und böse, diese und andere Gegensatzpaare stellen sich automatisch ein. Dabei ist dieses kategorische Ideal eine Illusion. Weder das tatsächlich reine Weiß, also die totale Reflektion allen Lichts, noch das absolute Schwarz kommen als Gegenstandsfarbe in der Natur vor.

Und dennoch: hell, pur, klar - so denken wir das Weiß. „Es ist ein Schweigen, welches nicht tot ist, sondern voll Möglichkeiten." Aus ihm heraus erscheint für uns alles denkbar: Die Chance zum Neuanfang, die Aussicht darauf, das leere Blatt neu nach unseren Vorstellungen und mit unseren Träumen zu beschreiben - adé nacht
Dr. Susanne Schwertfeger, Kunsthistorikerin

1 Wassily Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst,
Nelly-sur-Seine 101952, S. 96.

mioq

honiggraben©mioq aus der Serie " nachthemd dabei? 1-17 I fotografie/lyrik

"das dazwischen ist leben" Auszug Katalog 2 GRAU I mioq

Grau liegt zwischen Schwarz und Weiß. Nicht nur an einer bestimmten Stelle der Skala. Es füllt den gesamten Bereich zwischen den Extremen aus - in schier unendlichen Schattierungen. Auf eben diesen Schattierungen liegt ein wesentlicher Fokus zahlreicher Arbeiten von mioq - auf den Zwischentönen und Übergängen, auch auf Momentaufnahmen von Transformations-prozessen.
Es sind die feinen,häufig übersehenen Nuancen denen die Künstlerin mit einem feinen Gespür für das Besondere im All- täglichen nachgeht. Schlicht und reduziert sind ihre Arbeiten, getragen von Klarheit, Poesie und feiner Ironie.
In der Konzentration auf den Themenbereich des „Dazwischen" besteht eine Kontinuität ihrer Arbeit, deren Ergebnisse in Material, Technik, Medium und Form extrem facettenreich sind: Fotografie, Installationen, Videos, Performances, Projektionen, Assemblagen und Objekte finden sich in ihrem Oeuvre, hergestellt aus Materialien wie Blei, Gummi, Eisen, Stein, Papier, Röntgen-bildern, Textilien und
weiteren teilweise ergänzt mit Texten oder Computergrafiken. Nicht selten nutzt mioq Fundstücke oder Gegenstände, die früher eine Funktion hatten, wie etwa alte Werkzeuge, Türen oder Leitern, um sie in einen neuen Kontext zu stellen. Alte Fahrradschläuche, welche zu skulpturalen Objekten verarbeitet werden, sind hierfür ein Beispiel. Solche Transformationen und Umdeutungen finden in etlichen ihrer Objekte statt - ein erkennbarer Gegenstand wird aus seinem bekannten Wirkungszusammenhang gelöst und in eine bedeutungsoffene nonfigurative Form mit skulpturaler Anmutung überführt. Eine Besonderheit von mioqs Objektkunst liegt in ihrem Umgang mit den Fundstücken und Materialien. So müssen die einzelnen Teile sich selbst halten, denn sie werden üblicherweise ausschließlich durch Legen, Stecken oder Verweben miteinander verbunden. Hierfür müssen sie also nicht nur inhaltlich und optisch zueinander passen, sondern auch statisch. Die einzige Ausnahme von dieser Regel besteht im Zusammenfügen durch Nähen. Aus ihrem Erstberuf als Bandagistenmeisterin bringt die Künstlerin sowohl die Faszination für unterschiedliche Materialien wie auch einen Fundus an handwerklichen und medizintechnischen Kenntnissen und Fähigkeiten mit, die in ihre künstlerische Arbeit einfließen. Im Verweis auf die Veränderung der Funktion des Gegenstands liegt auch der Verweis auf seine generelle Ver- änderbarkeit und die Fragilität der aktuellen Situation, auch wenn diese stabil zu sein scheint. Die Themen, die sich grundsätzlich durch die Arbeiten von mioq - auch die gegenstandslosen - ziehen, sind der Mensch und das Leben. Zwischentöne, Übergänge und Transformationsprozesse. In den Arbeiten scheinen ein Memento Mori und ein Panta Rhei gleichberechtigt nebeneinander her zu gehen, oft begleitet on ihrem intellektuell unterschätzten Kollegen: der reinen Freude am Sein. Es ist die Vielschichtigkeit des Lebens, die sich in den Werken widerspiegelt. mioq beschreibt sich selbst als Geschichtenfängerin: ob bei den non-figurativen Installationen und Objekten oder den Fotoarbeiten - sie nimmt etwas wahr, fängt es ein und gibt es transformiert an ihre Rezipienten zurück. Das tut sie häufig mit Humor und nicht selten mit interaktiven Elementen. Ein Teil ihrer Werke soll bewegt oder benutzt werden. Interaktion, Kommunikation und Kooperation sind hierbei ebenso Ergebnisse für den Rezipienten, Gegenstände der Betrachtung wie auch Wege zum Ziel. Nicht nur, dass mioq Gegenstände, Materialien und Bildebenen in Dialog zueinander setzt - sie kooperiert auch häufig mit anderen Künstlern oder gestaltet interaktive Werke im öffentlichen Raum. Leben ist in der Betrachtung der Künstlerin ganz wesentlich auch ein sozialer Prozess. Diesen immer wieder zu reflektieren - auch gemeinsam mit den Rezipienten - ist ein elementarer Bestandteil ihrer Arbeit. Zwischen den Extremen, zwischen Anfangs und Endpunkt, zwischen Schwarz und Weiß: da wo das Leben ist.
Stefan Dupke I Kurator und Kulturwissenschaftler I Hamburg I März 2016

mioq

m 31 I mioq I serie metamorphose I objekt



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